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20. Dezember 2020
Weihnachten in Ecuador
Äquator heißt auf spanisch "Ecuador" - daher der Name dieses Landes. Hauptstadt ist Quito. Ecuador hat viele Vulkane und 130 Inseln gehören zu dem Land, so zum Beispiel auch die bekannten Galapagos-Inseln. Ecuador hat von NN bis 6000 Höhenmeter alles und daher auch alle Klimazonen: Kalt bis heiß. Es gibt aber keine Jahreszeiten, da die Sonne am Äquator immer senkrecht steht. Man kann alle Sterne der Nord- und Südhalbkugel der Erde bewundern.
Außer Spanisch werden noch viele Landessprachen gesprochen-
Viele Menschen leben in großer Armut.
Dieses Jahr ist an Weihnachten alles anders? Nein, wir passen uns an, aber es gibt auch viele Traditionen, die aufrecht erhalten werden.
Nachfolgend eine kleine Geschichte aus Ecuador:
Juanito, kleiner Hans, wird er von allen gerufen. Er lebt am Rande von Quito, der Hauptstadt von Ecuador. Obwohl er erst zehn Jahre alt ist, arbeitet er als Schuhputzer und hilft mit dem verdienten Geld seiner Familie.
Es ist der Tag des Heiligen Abends. Juanito fährt morgens mit dem Bus in die Innenstadt. Den Holzkasten mit dem Schuhputzzeug hält er fest unter seinem Arm. Er hofft auf ein gutes Geschäft, denn er möchte gerne bunte Zuckersachen für den heutigen Abend kaufen.
Langsam schlendert Juanito durch die Straßen, sieht den Leuten auf die Schuhe und spricht sie mit freundlichen Worten an. Zwischendurch bietet er in den Cafes seine Dienste an. Es ist ein guter Tag, Juanito putzt viele Schuhe und bekommt reichlich Trinkgeld. Bevor er wieder in den Bus steigt, sucht er sorgsam Süßigkeiten für den Abend aus. Froh gestimmt fährt er bis zu dem Markt, auf dem die Mutter und seine Schwester Dolores Sachen verkaufen. Heute machen beide früher Feierabend. Gemeinsam bringen sie die unverkaufte Ware nach Hause. Während die Mutter einige Bündel zusammen packt, versorgt Dolores die kleine Schwester und bindet sie mit dem Tragetuch auf ihren Rücken.
Kaum sind sie fertig, hupt es draußen.
Es ist das Lastauto, das sie zu Vater bringen soll. Auf der hinteren Ladefläche stehen Leute, die auch keine andere Fahrmöglichkeit haben. Der Wagen fährt aus der Stadt hinaus in ländliches Gebiet. Unterwegs begegnet ihnen eine kleine Lamaherde. Die Tiere sind für das Weihnachtsfest mit bunt gewebten Decken geschmückt. Zu dem Schmuck auf dem Rücken tragen sie Glöckchen am Hals, die lustig klingeln. Ab und zu hält das Auto und Leute steigen aus.
Eine Frau fragt die Mutter, wohin sie will. Die Mutter erzählt stolz: „Mein Mann hat jetzt Arbeit. Er hilft beim Verkauf in einem Laden am Äquatorstein. Morgen zum Feiertag werden sicher viele Besucher kommen. Wir wollen dort Weihnachten feiern.“
Fast ohne Übergang wird es dunkel. Sie sind etwa zwanzig Kilometer weit gefahren, als das Auto für sie hält. Der Vater kommt ihnen mit einer Lampe entgegen. Er führt die Familie in einen kleinen Laden und sagt, dass sie hier schlafen würden. Danach geht er mit den großen Kindern nach draußen, zeigt auf eine markierte Linie am Boden und erklärt: „Das ist der Äquator, der unsere Erdkugel in eine nördliche und eine südliche Hälfte trennt.“
Darauf beleuchtet er das Denkmal. „Und dieser Stein soll erinnern, dass unser Land Ecuador nach dem Äquator benannt wurde.“
Juanito stellt sich über die Linie am Boden, sodass er mit einem Bein in der nördlichen und mit dem anderen in der südlichen Erdhälfte steht. Da lacht der Vater und sagt: „Genau so lassen sich hier die Touristen fotografieren.“
Als sie zurück in den Laden kommen, hat die Mutter das Baby versorgt und auf dem Boden die Schlafmatten verteilt. Sie unterhält sich mit einer Frau und zwei Männern, die auch hier in der Einsamkeit übernachten werden. Gemeinsam wollen sie den Heiligen Abend mit einem Mahl feiern.
Während Mutter die „Salchichas“, die kleinen Würstchen, Reis und Mais aus dem Bündel holt, sieht Juanito sich im Laden um. Da sind Ständer mit Postkarten, kleine Andenken aus Stein und Holz, Lederwaren, schön gewebte Decken, Ponchos und vieles mehr. Erst als ihm Essensgerüche in der Nase kitzeln, bemerkt er seinen großen Hunger und geht zu den anderen.
Der Nebenraum ist mit Kerzen erhellt. Eine Krippe ist aufgebaut. Neben sie legt Juanito die gekauften Süßigkeiten. Als er sie mit großer Geste anbietet, freuen sich alle, und Juanito lächelt stolz. Jetzt hat er Zeit, die Krippe genau zu betrachten: Im Hintergrund steht ein gemaltes Bild von Bethlehem, davor liegt das Christkind in einem aufgeschütteten Sandbettchen. Kleine Zweige stecken ringsherum im Sand. Das sollen Bäume sein. Eine Spiegelscherbe an der Seite soll einen See darstellen. Die Figuren sind Kinder in Landestrachten, ein Esel, Hirten, Maria, Josef und das Christkind. Sie sind aus Salzteig gebacken und farbig angemalt.
Nach dem Essen spielen die Männer auf ihren Flöten Weihnachtslieder, die Frauen und Kinder singen dazu. Auch Juanito versucht, auf Vaters Flöte zu spielen. Es klingt schon ganz gut. Da geht der ältere Mann nach draußen und kommt mit einer zweiten Flöte zurück. Er gibt sie Juanito und sagt: „Die schenke ich dir.“
Freudig überrascht bedankt sich Juanito. Eine eigene Flöte hat er sich schon lange gewünscht. Er beginnt sofort, darauf die Töne zu suchen. Die Nacht ist kalt geworden. Bevor sich die Kinder auf die Schlafmatten legen, wickeln sie sich fest in ihre Ponchos ein. Im Dunklen tastet Juanito nach seiner Flöte und sagt leise in den Raum hinein: „Das war ein schöner Heiliger Abend.“
Dolores antwortet ihm nicht. Sie ist sofort eingeschlafen.
Rena Sack: Weihnachten in aller Welt: Mit 24 Geschichten durch den Advent.
Lahr: Kaufmann Verlag 200